Hilfe, ich kann nicht richtig lesen und schreiben ...
26.02.2020
Hilfe, ich kann nicht richtig lesen und schreiben ...
Deutschland ist ein Land mit Schulpflicht und es bestehen hohe Anforderungen an die schriftliche Ausdrucksweise. Bereits im Kindergarten werden die Grundsteine gelegt und spätestens in der 1. Klasse der Grundschule werden die ersten Buchstaben und Wörter geschrieben.
Quelle: ichance.de
Dennoch gibt es in Deutschland ca. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten. Als funktionaler Analphabetismus (Illettrismus) wird die Unfähigkeit bezeichnet, die Schrift im Alltag so zu gebrauchen, wie es im sozialen Kontext als selbstverständlich angesehen wird. In einem Industrieland wie Deutschland sind die Anforderungen selbstverständlich höher als in einem Industrie- oder Schwellenland.
Quelle: volksstimme.de
„Weil mir im Kinderheim nicht geholfen wurde ….“
„Es waren zu viele Schüler in den Klassen.“
„Verstehen und das Umsetzen, wenn was erklärt wurde.“
„Ich sehe mich selbst schlecht mit meiner Rechtschreibung.“
In Deutschland meistern vier von fünf Jugendliche trotz erheblicher Probleme beim Schreiben und Lesen ihren Schulabschluss. So können diese SchülerInnen zwar einzelne Wörter oder Sätze lesen oder schreiben, längere Texte werden dahingegen nicht bewältigt. Es hieß früher „Legasthenie“, dann „Lese- Rechtschreibschwäche“ und vielleicht auch manchmal nur „Er / sie ist unsicher in der Schriftsprache“.
Das deutsche Schulsystem sieht die Grundsteinlegung für das Lesen und Schreiben nur bis zur 4. Klasse vor. Danach wird die vollständige Alphabetisierung vorausgesetzt.
Ohne die sichere Ausübung des Lesens und Schreibens wird die gesellschaftliche Teilhabe deutlich erschwert.
Natürlich kommen momentan auch viele neu eingereiste Menschen zu uns, die in ihrem Heimatland niemals eine Schule besucht haben, also primäre Analphabeten (oft ganz ohne Stifterfahrung) sind. Auch gibt es unter den Deutschen viele Menschen, die in ihrem Beruf überhaupt nicht schreiben müssen und vieles vergessen haben: die sekundären Analphabeten. Last but not least noch die Zweitschrifterwerber, die beispielsweise vom Arabischen in das Lateinische alphabetisiert werden. Hier ist insbesondere die neue Schreibrichtung von links nach rechts zu beachten. Die Abstufungen des Analphabetismus sind fein und die Dunkelziffer ist hoch.
Erwachsene Menschen, die im fortgeschrittenen Alter noch erfolgreich am Schriftspracherwerb teilnehmen, wachsen in ihrem Selbstbewusstsein ganz enorm. Die Erfolgserlebnisse zeichnen sich so schnell ab, dass sich der Lehrende und Lernende jeden Unterrichtstag erneut über Fortschritte freut. An außerschulischen Lernorten kommen noch viel mehr positive Erlebnisse hinzu: Zum ersten Mal wird das Autokennzeichen oder die Buslinie oder auch nur ein Kaufhausname oder ein Angebot im Schaufenster richtig und vor allem BEWUSST gelesen und mit einer ganz neuen Lebensqualität ERLEBT.
Alphabetisierung bedeutet immer: viel Geduld und Verständnis, viel Ritualisierung, viele Wiederholungen, viel Visualisierung, GANZ viel Mut machen und geht immer von der graphomotorischen Übung zum Buchstaben, vom großen Buchstaben zum kleinen, vom Buchstaben zum Wort, vom Wort zum Satz und vom Satz zum Text, findet also in einer sehr kleinschrittigen Progression statt. Die Wertschätzung der Person und der Abbau der Hemmschwellen übernehmen ohnehin im Umgang mit Schülerinnen und Schülern einen übergeordneten Stellenwert, egal, in welchem Unterricht.
Aktuell sind die fortgeschrittenen SchülerInnen der HBVI 1.1 im vierwöchigen Schulpraktikum und meine in der Klasse verbliebenen SchülerInnen profitieren von einer ganz individuellen Betreuung und wir nutzen die Gunst der Stunde für die Alphabetisierung und Grundbildung auf A1-Niveau nach GER (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen).
Sollten Sie Menschen kennen, die nicht ausreichend lesen und schreiben können und dieses lernen möchten, ermutigen Sie diese gerne, sich an mich persönlich (Kathrin Kebedies / BBS 1 Gifhorn / LZ 155) zu wenden. Ich helfe sehr gerne mit entsprechenden Kontaktadressen weiter. Alternativ wird auch durch ein speziell eingerichtetes ALFA-Telefonvom Bundesverband für Alphabetisierung und Grundbildung e. V. ein direkter Beratungszugang angeboten.0800 - 53 33 44 55